Teil 2: Die ökologischen Hintergründe des Krieges in der Ukraine
Beim Blick auf die wesentlichen Eckpunkte des aktuellen Geschehens in der Ukraine fällt auf, dass sich dieses auf dem wahrscheinlich fruchtbarsten Boden des Planeten abspielt. Die sogenannte Schwarzerde erstreckt sich dort über große Teile des Staatsgebietes. Und ihre Fruchtbarkeit ist so hoch und so stabil, dass hier vielleicht noch über Jahrhunderte viele Millionen Tonnen Getreide sowie andere Lebensmittel generiert werden könnten.

Die meisten anderen landwirtschaftlich genutzten Flächen auf der Erde hatten von vorneherein weit weniger langfristiges Nutzpotenzial. Und etwa in China, Indien und anderen Regionen Asiens, in Südeuropa und auch Nordamerika ist zudem ein beträchtlicher Teil davon innerhalb nur eines Jahrhunderts durch die zunehmend intensivierte Landwirtschaft so stark erodiert, versalzen und ausgetrocknet, dass sie in dieser Hinsicht schon bald fast gar kein Potenzial mehr haben werden. Dies passiert zu einer Zeit, in der selbst Fachleute keine Antwort auf die Frage finden, wie der – je nach Schätzung – bis 2050 um nochmals 50 – 80 Prozent steigende globale Bedarf an Nahrungsrohstoffen gedeckt werden könnte. Folgend ein Auszug aus einer öffentlichen Mitteilung des deutschen Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft unter dem Titel „Welternährung verstehen – Fakten und Hintergründe”:
„Um diese Ansprüche befriedigen zu können, müsste die Agrarproduktion bis 2050 um rund zwei Drittel gesteigert werden. Dazu müssen insbesondere Wasser, fruchtbare Böden und die Artenvielfalt intelligenter – vor allem effektiver – genutzt und erhalten werden. Bislang gehen weltweit jährlich rund zwölf Millionen Hektar Agrarfläche verloren – durch Überweidung, ungeeignete Anbaumethoden, Erosion oder durch Straßen- und Städtebau. Setzt sich dieser Trend unvermindert fort, würden die Ernten in den nächsten 25 Jahren um bis zu zwölf Prozent sinken.” [3]
Die obige Angabe „in den nächsten 25 Jahren um bis zu zwölf Prozent sinken“ kann nach anderen Meinungen als sehr optimistisch bezeichnet werden. Es sind viele Entwicklungen möglich, bei denen der Trend sich nicht nur „unvermindert fortsetzen“ würde, sondern das fragile Netz der Intensivlandwirtschaft schon innerhalb weniger Jahre viel stärker schrumpfen oder gar zusammenbrechen könnte.
Es handelt sich hier um eine aufziehende globale Eskalation, die zunächst in den wirtschaftlich ärmeren Regionen zu dramatischen Situationen mit nie dagewesenen Hungerkatastrophen führen wird. Schon seit 2016 steigt die Zahl der unterernährten Menschen wieder, nachdem sie zuvor auf der Grundlage des Strohfeuers der Intensivlandwirtschaft stetig gesunken war. Seit einigen Jahren stagniert unter anderem die globale Ertragsmenge beim Weizen – trotz zunehmendem Einsatz von Pestiziden und Dünger. Da die angeblichen „Hochleistungsnutzpflanzen” in Wirklichkeit genetisch verarmte Krüppel sind, deren einzige „Hochleistung” aus überschnellem Wachstum und überschweren Körnern besteht, müssen sie bis zur Ernte mit immer mehr Unterstützung am Leben gehalten werden.
Der Planet wird mit Pestiziden vergiftet, weil die “Nutzpflanzen” immer schwächer werden
Den parasitären Gegnern und Konkurrenten der Pflanzen wird seit wenigen Jahrzehnten mit Giften begegnet, deren Toxizität jene früherer Pestizide oft um ein großes Vielfaches übersteigt. Dies wird häufig für die Aussage genutzt, dass der globale Pestizidverbrauch sich durch die Intensivlandwirtschaft reduziert habe. Es wird also unterschlagen, dass zum Beispiel bei hocheffizienten Neonicotinoiden zur Tötung eines Insekts nur ein Tausendstel der Wirkstoffmenge benötigt wird als es bei vielen der früher verwendeten Mitteln der Fall war. Und diese Verschaukelung der Öffentlichkeit passiert, während immer mehr Fachleute vor einem apokalyptischen Schwund der globalen Biomasse der Insekten warnen. Die Insekten sind die mit Abstand größte Fraktion und sogleich größte Nahrungsquelle des Tierreiches. Ihr Kollaps würde zunächst die Populationen der Vögel, Reptilien und Amphibien und schließlich die aller Landwirbeltiere zusammenbrechen lassen.
Die Landwirtschaft wird, jedenfalls ohne radikale Veränderungen, in einem baldigen Zusammenbruch ihrer selbst, weiter Teile des ökologischen Gefüges und auch des gesamten zivilisatorischen Systems führen. Weil es in diesem System nie eine Aufklärung über die ökologische Kernursache all dessen gegeben hat, kommt es aktuell zu vielerlei naiven Ausfluchten. So etwa die Idee, dass doch mit neuen Methoden der Gentechnik die Probleme der „Nutzpflanzen” beseitigt und die Produktivitäten nochmals massiv erhöht werden könnten.
Dass es diese Chancen der Agrargentechnik abseits von Wunschdenken und Phantasie nicht geben kann, ließ sich gut erkennen als die Eigner des Monsanto-Konzerns, der erfahrensten Firma und dem globalen Marktführer in diesem Bereich, das Unternehmen vor wenigen Jahren plötzlich an den deutschen Bayer-Konzern verkauften. Mit Blick auf den oben szkizzierten Widerspruch zwischen kommenden Bedarfen und sinkenden Verfügbarkeiten wäre dieser Verkauf wohl nicht nur eines der größten, sondern zugleich auch das dümmste Geschäft der zivilisatorischen Wirtschaftgeschichte gewesen. Es wird also wohl so gewesen sein, dass in der Leitungsebene auf der Grundlage eines großen Erfahrungsschatzes erkannt wurde, dass die Agrargentechnik nicht nachhaltig funktionieren kann.
Die Ukraine als “Kornkammer Europas” ist ein geostrategisches Ziel von höchster Bedeutung
Im größeren Rahmen wird fruchtbarer Boden zur Erzeugung von Grundnahrungsmitteln also in naher Zukunft neben Süßwasser das praktisch wertvollste Gut überhaupt sein. Die Ukraine war bereits seit dem Zerfall des politischen Ostblocks ab 1990 keineswegs nur wegen ihrer Lage zwischen den neu formierten politischen Blöcken ein geostrategisches Ziel von hoher Bedeutung. Sondern insbesondere ihre enorme Fruchtbarkeit spielte sofort eine wichtige Rolle. Bereits zu Zeiten der Sowjetunion galt die Region als „Kornkammer” und heute wird das Land oft als „Kornkammer Europas” bezeichnet.
Das Geschacher um den wertvollen Boden lief als solches bisher weitgehend unter dem Radar der öffentlichen Wahrnehmung. Im Hintergrund wird es aber wohl schon längst ein Hauptmotiv gewesen sein, als sich Diplomaten und Geheimdienste aus Ost und West daran versuchten, die Entwicklung einer ihnen gediegenen oder am besten hörigen Regierung herbeizuführen. Denn die geostragischen Experten müssen schon lange vorausgesehen haben, was da ernährungsmäßig auf die Menschheit zukommt.
Eine wichtiger Teil des besagten Geschachers lief über führende Agrarkonzerne aus den USA sowie chinesische Staatskonzerne. Politisch und finanziell unterstützt drängten sie mit hohem Duck danach, sich über geschäftliche Verträge das wertvolle Ackerland zum Zwecke der Etablierung von Intensivlandwirtschaft zu sichern. Da in der Ukraine kein Land an Ausländer verkauft werden darf, ging es bei den Investitionen um eine Form langfristiger Pachtverträge.
Zu den ausländischen Investoren gehörten westliche Marktführer wie DuPont und Monsanto, die massiv unterstützt wurden von großen Finanzinstitutionen bis hin zur Weltbank. Fachleute sprachen mitunter von einer regelrechten „Übernahme der ukrainischen Landwirtschaft durch westliche Konzerne.“ [4] Aber auch die Chinesen waren sehr eifrig. So gibt es Berichte, nach denen sich der Staatskonzern Xinjiang Production and Construction Corps (XPCC) über Verträge die längerfristige Nutzung von drei Millionen Hektar Boden aus Schwarzerde sicherte, was immerhin mehr als 25 Prozent der in Deutschland genutzen Ackerflächen entspricht. [5]
Die ökologischen Hintergründe des Krieges bieten Potenzial für einen atomaren Weltkrieg
Vor diesen gesamten Hintergründen lässt sich folgern, dass das aktuelle Geschehen in der Ukraine tiefe ökologische Hintergründe hat, deren Potenzial bis zur Entstehung eines Dritten Weltkrieges samt des Einsatzes von Atomwaffen reicht. Denn der geopolitische Westen wird mit dem Wissen der aufziehenden Nahrungskatastrophe fast alles tun, um die Nutzung der Schwarzerde nicht zu verlieren und sie nicht Russland zu überlassen. Das dürfte zwar von dieser Seite wahrscheinlich nicht den initialen Einsatz von Atomwaffen beinhalten. Aber ansonsten wird die Unterstützung mit Waffen und der Belieferung von durch modernste Aufklärungsysteme gewonnenen Information ohne quantitative und zeitliche Obergrenzen verlaufen.
Der russische Diktator hat somit einen naiven strategischen Fehler begangen. Dieser lässt sich wohl am ehesten durch inkompetente Berater erklären, die zwar den steigenden Wert der Schwarzerde erkannten, nicht aber den gesamten ökologischen Rahmen einbezogen. Denn vor den besagten Hintergründen war die Idee einer offenbar angedachten schnellen und vollständigen Besetzung der riesigen und äußerst wertvollen Kornkammer unrealistisch. Und so wird Putin, der sich noch vor Kurzem als selbstbewusster, starker Mann mit nacktem Oberkörper auf dem Pferd sitzend präsentierte, nun von Großteilen der globalen Öffentlichkeit als Feigling und Versager gesehen, der selbst nie gekämpft hat, sich in Luxusbunkern versteckt und von dort aus Tausende Frauen und Kinder ermordet. Derweil reibt sich seine Armee an einem Gegner auf, den die westlichen Industriestaaten immer weiter stützen werden, selbst wenn es Jahre dauert.
Vielleicht gibt es irgendeine Zwischenlösung, etwa wenn der Diktator durch eine interne Intrige ausgeschaltet wird. Ansonsten aber könnte bei ihm als Machthaber eine psychische Ausnahmesituation entstehen, die in jeder Form von Amoklauf zu enden vermag. Das wäre eine weitere Möglichkeit des Beginns eines finalen Kollapps der Zivilisation. Und so wie alle anderen Eskalationen wird auch sie sich über viele Kausalketten auf die immer gleiche Kernursache zurückführen lassen.
Weiter zu Teil 3: Der wahrscheinlichste Urprung der Corona-Pandemie.
[3] https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/DE/Broschueren/Welternaehrung-verstehen.pdf?__blob=publicationFile&v=5
[4] https://www.zeit.de/wirtschaft/2015-03/ukraine-landwirtschaft-schwarzerde-monsanto?utm_referrer=https%3A%2F%2Fwww.google.com%2F
[5] https://www.handelsblatt.com/politik/international/riesige-flaechen-china-kauft-ackerland-in-der-ukraine-auf/8826952.html